Chris ist 30 Jahre alt und hat Informatik an der TU Darmstadt studiert. Seit Mai 2020 ist er komplett selbstständig und konzentriert sich als Geschäftsführer der CproSoft GmbH auf Kundenprojekte und die hausinterne NavShip-App.

NavShip hat mittlerweile über 400.000 Nutzer, es existieren eine iOS- und eine Android-App sowie ein kostenloses Routenplanungstool für den Browser. Wir haben dem Entwickler zwölf Fragen zu der beliebten Navigationssoftware gestellt.

Wie bist du auf die Idee gekommen, eine App zur Bootsnavigation zu entwickeln?

Ich war ein paar Mal mit meinem neuen Boot auf dem Main unterwegs. Ich habe dann eine Route an die Nordsee geplant und gemerkt, dass es nicht wirklich eine bezahlbare App auf dem Markt gibt, die mich dabei gut unterstützt hätte. Ich habe dann im Boote-Forum einen Beitrag geschrieben, dass ich plane, eine App zu entwickeln und das ist schnell auf sehr gute Resonanzen gestoßen. Die Idee zu NavShip entstand also aus dem Mangel an Angebot. Innerhalb von wenigen Wochen war dann auch eine erste Version für Android zum Download auf Google Play.

Die Techniken für das Entwickeln der App musstest du dir nicht noch beibringen?

Nein, nicht wirklich. Durch mein Informatik-Studium und meiner damaligen Arbeit hattee ich bereits viele Jahre Programmiererfahrung. Da ich selbst Boot fahre, musste ich mich auch nicht mehr allzu tief in die nautische Thematik einarbeiten.

Was waren die ersten Schwierigkeiten bei der Entwicklung von NavShip?

Durch den recht schnellen und unerwarteten Ansturm hatte ich sehr viel Feedback zur Version 1.0. Mein Posteingang war ständig überfüllt und ich fürchte, ich konnte nicht jedem in kürzester Zeit zurück antworten. Dennoch habe ich versucht, recht schnell alles unter einen Hut zu bekommen. Die Fülle an Features hat viele User – und auch mich – dann auch recht schnell überfordert, sodass das Design oft angepasst werden musste. Neben dem Design war natürlich die Erfassung sämtlicher Flüsse oberste Priorität. Ich habe oftmals mehrere Wochen über Nacht Flüsse und Seen erfasst, das hat einiges an Nerven gekostet.

Du hast ein selbstgebautes Boot. Wie kommt man darauf, selbst ein Boot zu bauen?

Zu dem Zeitpunkt, als sich die Idee zum Bootsbau manifestiert hat, hatte ich großen Leerlauf in der Uni, weil ich sämtliche Prüfungen bereits abgelegt hatte und mit meinem Betreuer für die Abschlussarbeit noch auf Themensuche war. Parallel habe ich sehr viel gebastelt, das habe ich schon immer. Vor allem Dinge aus Sperrholz. Einen ausführlichen Beitrag zu meinem Projekt findet man übrigens hier. Das Boot gibt es nun schon seit sechs Jahren und es fährt immer noch – allerdings wurde der Motor zwischenzeitlich mal ausgetauscht.

Bist du zufrieden, zu was sich NavShip entwickelt hat?

Auf jeden Fall. Wir nähren uns (Stand 4. März 2021) immer mehr der halben Million an Nutzer, das spornt natürlich auch sehr an. In der Anfangszeit habe ich mich selbst leider sehr oft ausbremsen müssen, da ich parallel meinen Master-Abschluss gemacht habe und zudem auch als Werkstudent gearbeitet habe. Im Anschluss an mein Studium war ich noch zweieinhalb Jahre Angestellter, bis ich den finalen Schritt gewagt habe, komplett selbstständig zu sein. Seitdem geht die Entwicklung sehr viel schneller und mittlerweile habe ich eigene Mitarbeiter; ein kleines Team, was an verschiedenen Projekten arbeitet und auch an NavShip. Das merkt man dann natürlich auch an der Qualität des Supports, ich habe viel mehr Zeit, auf alle Belange und Fragen der Kunden einzugehen.

NavShip ist in der Grundversion kostenlos, die Premiumversion kostet unter 20 Euro im Jahr. Ist eine Preiserhöhung geplant?

Nein. An dieser Konstellation hat sich in all den Jahren nichts geändert und wird es auch in naher Zukunft nicht. Ich finde, 20 Euro im Jahr sind ein angemessener Preis für unsere Arbeit, dieser Beitrag hilft auch, die Qualität der App hoch zu halten und weitere Features zu entwickeln. Es ist auch absolut in Ordnung, wenn ein Großteil keine Premiumversion kauft, wir finanzieren diese Nutzergruppe mit der Werbung, die wir ihnen präsentieren. Zudem rechnen die meisten damit, dass wir ihnen innerhalb eines Tages antworten. Auch das ist mit diesen Beiträgen machbar.

Die App ist für Android in zwölf und iOS in fünf Sprachen verfügbar. Hast du diese alle selbst übersetzt?

*muss lachen* selbstverständlich nicht. Nur Deutsch und Englisch habe ich selbst übersetzt. Für die weiteren Grundsprachen Französisch, Italienisch und Niederländisch wurden Übersetzer engagiert, vor kurzem auch Russisch. Die weiteren Sprachen in Android (Norwegisch, Schwedisch, Dänisch, Spanisch, Rumänisch und Polnisch) sind nur über ein Übersetzungstool übersetzt worden, das merkt man stellenweise auch. Eine professionelle Übersetzung ist aber auch noch geplant, dann werden diese Sprachen auch in iOS zur Verfügung stehen.

Auf welche Features können sich die User in diesem Jahr freuen?

Wir sind noch dabei, alle Offlinekarten zu überarbeiten. Wünschenswert wäre es natürlich, wenn man die amtlichen ENC-Karten verwenden kann. Zudem binden wir jetzt mehr und mehr Wind- und Wetterdaten an, sodass vor allem Segler besser mit NavShip planen können. Um für Törns eine möglichst exakte Kalkulation zu ermöglichen, haben wir in den vergangenen Wochen Strömungs- und Höchstgeschwindigkeiten einiger Flüsse in Deutschland und den Niederlanden erfasst. Auf die viel gefragten Tiefendaten müssen wir allerdings immer wieder vertrösten, leider gibt es keinen Anbieter, der diese Daten so zur Verfügung stellt, dass wir sie preiswert an unsere Kunden weiter geben können. Aber das Thema ist noch nicht abgeschrieben.

Viele Firmen sind ja unmittelbar von Corona betroffen. Wie sieht das bei euch aus?

Unsere Mitarbeiter sind alle ausnahmslos im Homeoffice. Das liegt aber nicht an der Pandemie, sondern dass wir generell eine Homeoffice-Politik fahren, auch nach der Pandemie. Geplant war ursprünglich, dass wir ein größeres Büro anmieten, um dort regelmäßig zusammen sein zu können, durch Corona haben wir diese Planungen aber erst mal verworfen. Als sich die Unsicherheit im März 2020 breit machten, haben wir das auch direkt gemerkt. Kaum noch Leute auf dem Wasser, kaum Umsätze. Der 1. April ist offizieller Saisonstart, dieser hat sich – zum Glück – nur auf Mai und Juni verschoben. Viele waren dann doch noch mit NavShip unterwegs und wir waren daher nicht so stark betroffen, wie andere Branchen.

Kommt man bei der ganzen Arbeit eigentlich noch zum Bootfahren?

Letztes Jahr war ich nur ganz selten auf dem Wasser. Unser Hafen war im Sparbetrieb und mein Boot stand bei mir im Garten. Zudem müsste ich den Motor mal wieder warten, wenn alles gut läuft, werde ich dieses Jahr wieder an den Hafen können und dann auch wieder regelmäßig fahren. In der Anfangszeit von NavShip war ich fast jedes Wochenende unterwegs, um die App zu testen. Da mittlerweile die Grundfunktionen ausgereift sind, ist dies aber nicht mehr nötig.

Zu guter Letzt: Verwendest du selbst NavShip?

Ja. Meine Törns beschränken sich meist nur auf lokale Gebiete, aber auch da ist es gut, wenn man die NfB-Warnungen und Schleusentelefonnummern direkt parat hat. Zudem habe ich auch AIS an Bord und bin beruhigt, wenn nicht hinter der nächsten engen Kurve ein großer Pott passiert werden muss.


4 Kommentare

Lutz Reiffenschneider · 5. März 2021 um 19:52

Hallo,
Ich wollte mal ein großes Lob los werden obwohl ich die App noch nicht intensiv nutzen konnte. Aber das was ich bisher testen konnte ist echt top. Sehr gut finde ich die einfache Bedienung, die Auto Routing Funktion und, ( was viele nicht haben) die erlaubte Geschwindigkeitsanzeige, denn im Gegensatz zum Straßenverkehr ist der Schilderwald auf den Schiffertsstrassen recht überschaubar,. Preislich ist es natürlich auch TipTop.
Also beide Daumen hoch, macht weiter so,.
Ich freue mich auf die neue Saison und dass ich Eure App nutzen kann.
Eine Frage habe ich doch noch, da das Tablett oder Handy nichtimmer perfekt in der Sonne genutzt werden kann, ist vielleicht geplant auch eine Version für Plotter anzubieten?

Viele Grüße
Lutz Reiffenschneider

    NavShip Team · 8. März 2021 um 23:09

    Hallo Lutz,

    vielen Dank für deinen Kommentar. Plotter sind im Moment nicht geplant, NavShip ist ja als Alternative für Plottersysteme gedacht. Vielleicht wird die nähere Zukunft höherwertigere Displays hergeben, die auch bei Sonneneinstrahlung noch gut erkennbar sind.

    Viele Grüße
    Chris

Vera & Winfried · 9. März 2021 um 10:48

Wir sind ja schon von Anfang an dabei und haben uns durch unsere Mithilfe in den ersten Monaten ein lebenslanges, kostenloses Premiumabo errungen. Die App war uns in vielen Situationen ein echter Helfer und es ist toll, was du hier auf die Beine gestellt hast. Es macht sehr viel Spaß, Monat für Monat die neuen Funktionen auszukundschaften.

Bitte mach weiter so!
Vera & Winfried

Carsten · 7. Juni 2021 um 14:39

Ich benutze die App echt gerne, bin auch Premium-Nutzer und wollte Lob da lassen, für den schnellen Support und die vielen neuen Features. Ich würde mir als weiteres Feature eine bessere Sortierung der Aufzeichnungen wünschen, man sollte zum Beispiel nach Tracklänge, Datum, Aufzeichnungszeit oder vielleicht sogar nach befahrenen Gewässern sortieren/filtern können. Zumindest aber sollte die Anzeige chronologisch sein, derzeit kann ich da kein System erkennen, alle Tracks sind wild durcheinander. Gerne auch eine vollintegrierte Cloud-Verwaltung der Tracks über my.navship.org 🙂

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